6 - Die Tafelreiniger 3 [ID:12292]
39 von 39 angezeigt

Dieser Audiobeitrag wird von der Universität Erlangen-Nürnberg präsentiert.

Ja Moin! Sind Sie auch von der Spube? Nein, ich bin von der Tube. Was sagen Sie? Aus der Tube?

Von der Tube. Tafel, Unreinheiten, Beseitigungseinheit. Wir sind der Klebstoff, der die Universität

zusammenhält. Ach so, ja das sieht man. Ja und Sie? Kommen Sie wegen der Leiche? Ja genau,

meine Arbeit beginnt da, wo andere anfangen sich zu übergeben. Ja, schlimme Sache habe ich gehört.

Wen hat es denn erwischt? Och, das war nur irgend so ein Neandertaler. Es hat sich rausgestellt,

der ist schon 30.000 Jahre alt. Wie? Der ist so alt geworden? Ne, ne, solange ist der schon

tot. Ach so, also fast so alt wie das Gebäude hier. Ja. Stellen Sie sich mal vor, der wäre

tatsächlich so alt geworden. Der wird sich bestimmt ganz schön wundern heutzutage. Vielleicht war er

in seinem Leben ja auch so ein Tafelreiniger wie Sie. Naja, also ich bin ja von der Spurenbeseitigung,

der Spube. Aber stellen Sie sich mal vor, Sie sterben und in 30.000 Jahren buddelt Sie jemand

versehentlich aus. Da wird mir jetzt ein bisschen mulmig, muss ich sagen. Wenn ich mir das jetzt so

vorstelle, der sieht jetzt bestimmt auch nicht mehr so frisch aus. Ne, aber wissen Sie was,

ich glaube nach 30.000 Jahren sieht keiner mehr so frisch aus, egal ob tot oder lebendig. Wobei,

vielleicht wird sie irgendwann erfunden und dann werden die Leute tatsächlich so alt und

sehen trotzdem noch jung aus. Ich meine, das wäre doch möglich, oder? So ewiges Leben und so. Naja,

wenn ich mir das so vorstelle, dass ich ewig leben könnte, aber dafür auch ewig diesen Job

hier machen müsste, dann denke ich lieber nicht. Naja, aber es wäre doch trotzdem schön, oder?

Ich meine, das Leben ist doch viel zu kurz mit der ganzen Arbeit und so. Und so richtig Zeit zum

genießen hat man erst, wenn man alt ist. Und dann denkt man sich nur noch, wie wenig Zeit man noch

hat. Jo, und die Zeit, die ich mich hier schinde, die kriege ich auch nicht wieder. Naja, ich denke

mir dann, wenigstens habe ich einen Job, der den Leuten wirklich was nützt. Also, so sicher bin

ich mir jetzt nicht, ob Sie in Zukunft noch so viele Tafeln zu reinigen haben. Wie meinen Sie

denn das? Das ist doch ein wichtiger Job, den ich hier mache. Jo, schon wichtig, aber ich meine jetzt

wegen der ganzen Technik und so. Also, die Leute, die benutzen doch jetzt diese Smartboards und

Beamer. Und ich meine, kommen Sie nicht auch häufiger jetzt in den Raum und die Tafel,

die ist noch gar nicht dreckig? Ja gut, aber es fallen ja auch Stunden aus, denke ich mir. Und

dann putze ich die Tafel eben trotzdem. Das ist ja mein Job. Das ist ja nicht so wie bei Ihnen. Keine

Leiche, kein Job. Deshalb ist es ja eigentlich Ihr Job, der in Gefahr ist, wenn da mal einer

ein Rezept für die Unsterblichkeit entdeckt. Jo, aber mir ist es doch egal, wie alt die Leute

werden, weil sterben tun sie ja früher oder später sowieso alle. Und außerdem bin ich ja

von der Spurenbeseitigung und reinige die Tatorte. Ja, stimmt auch wieder. Soll ich Ihnen mal was

verraten? Manchmal habe ich dann doch das Gefühl, dass das, was ich hier so mache, schon ein bisschen

bedeutungslos ist. Also, wenn ich das mal mit einem Arzt oder mit einem Professor vergleiche.

Wissen Sie, was ich immer zu meiner Mutter gesagt habe, wenn ich mal was angestellt hatte? Wenn man

nur lang genug Zeit vergehen lässt, ist alles, was wir machen, bedeutungslos. Jo, dann brauche ich die

Tafel heute ja theoretisch gar nicht mehr abzuwischen. Jo, das stimmt. Naja, aber die Sauerei da unten,

die muss ich jetzt trotzdem wegmachen, sonst kriegt man das nicht mehr aus dem Boden raus. Und das

Gebäude soll ja noch die nächsten 30.000 Jahre stehen.

Presenters

Luisa Baier Luisa Baier
Sebastian Grau Sebastian Grau
Jan-Oliver Reincke Jan-Oliver Reincke

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:04:59 Min

Aufnahmedatum

2019-10-19

Hochgeladen am

2019-11-22 09:22:50

Sprache

de-DE

Einbetten
Wordpress FAU Plugin
iFrame
Teilen