Dieser Audiobeitrag wird von der Universität Erlangen-Nürnberg präsentiert.
Ja Moin! Sind Sie auch von der Spube? Nein, ich bin von der Tube. Was sagen Sie? Aus der Tube?
Von der Tube. Tafel, Unreinheiten, Beseitigungseinheit. Wir sind der Klebstoff, der die Universität
zusammenhält. Ach so, ja das sieht man. Ja und Sie? Kommen Sie wegen der Leiche? Ja genau,
meine Arbeit beginnt da, wo andere anfangen sich zu übergeben. Ja, schlimme Sache habe ich gehört.
Wen hat es denn erwischt? Och, das war nur irgend so ein Neandertaler. Es hat sich rausgestellt,
der ist schon 30.000 Jahre alt. Wie? Der ist so alt geworden? Ne, ne, solange ist der schon
tot. Ach so, also fast so alt wie das Gebäude hier. Ja. Stellen Sie sich mal vor, der wäre
tatsächlich so alt geworden. Der wird sich bestimmt ganz schön wundern heutzutage. Vielleicht war er
in seinem Leben ja auch so ein Tafelreiniger wie Sie. Naja, also ich bin ja von der Spurenbeseitigung,
der Spube. Aber stellen Sie sich mal vor, Sie sterben und in 30.000 Jahren buddelt Sie jemand
versehentlich aus. Da wird mir jetzt ein bisschen mulmig, muss ich sagen. Wenn ich mir das jetzt so
vorstelle, der sieht jetzt bestimmt auch nicht mehr so frisch aus. Ne, aber wissen Sie was,
ich glaube nach 30.000 Jahren sieht keiner mehr so frisch aus, egal ob tot oder lebendig. Wobei,
vielleicht wird sie irgendwann erfunden und dann werden die Leute tatsächlich so alt und
sehen trotzdem noch jung aus. Ich meine, das wäre doch möglich, oder? So ewiges Leben und so. Naja,
wenn ich mir das so vorstelle, dass ich ewig leben könnte, aber dafür auch ewig diesen Job
hier machen müsste, dann denke ich lieber nicht. Naja, aber es wäre doch trotzdem schön, oder?
Ich meine, das Leben ist doch viel zu kurz mit der ganzen Arbeit und so. Und so richtig Zeit zum
genießen hat man erst, wenn man alt ist. Und dann denkt man sich nur noch, wie wenig Zeit man noch
hat. Jo, und die Zeit, die ich mich hier schinde, die kriege ich auch nicht wieder. Naja, ich denke
mir dann, wenigstens habe ich einen Job, der den Leuten wirklich was nützt. Also, so sicher bin
ich mir jetzt nicht, ob Sie in Zukunft noch so viele Tafeln zu reinigen haben. Wie meinen Sie
denn das? Das ist doch ein wichtiger Job, den ich hier mache. Jo, schon wichtig, aber ich meine jetzt
wegen der ganzen Technik und so. Also, die Leute, die benutzen doch jetzt diese Smartboards und
Beamer. Und ich meine, kommen Sie nicht auch häufiger jetzt in den Raum und die Tafel,
die ist noch gar nicht dreckig? Ja gut, aber es fallen ja auch Stunden aus, denke ich mir. Und
dann putze ich die Tafel eben trotzdem. Das ist ja mein Job. Das ist ja nicht so wie bei Ihnen. Keine
Leiche, kein Job. Deshalb ist es ja eigentlich Ihr Job, der in Gefahr ist, wenn da mal einer
ein Rezept für die Unsterblichkeit entdeckt. Jo, aber mir ist es doch egal, wie alt die Leute
werden, weil sterben tun sie ja früher oder später sowieso alle. Und außerdem bin ich ja
von der Spurenbeseitigung und reinige die Tatorte. Ja, stimmt auch wieder. Soll ich Ihnen mal was
verraten? Manchmal habe ich dann doch das Gefühl, dass das, was ich hier so mache, schon ein bisschen
bedeutungslos ist. Also, wenn ich das mal mit einem Arzt oder mit einem Professor vergleiche.
Wissen Sie, was ich immer zu meiner Mutter gesagt habe, wenn ich mal was angestellt hatte? Wenn man
nur lang genug Zeit vergehen lässt, ist alles, was wir machen, bedeutungslos. Jo, dann brauche ich die
Tafel heute ja theoretisch gar nicht mehr abzuwischen. Jo, das stimmt. Naja, aber die Sauerei da unten,
die muss ich jetzt trotzdem wegmachen, sonst kriegt man das nicht mehr aus dem Boden raus. Und das
Gebäude soll ja noch die nächsten 30.000 Jahre stehen.
Presenters
Luisa Baier
Sebastian Grau
Jan-Oliver Reincke
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:04:59 Min
Aufnahmedatum
2019-10-19
Hochgeladen am
2019-11-22 09:22:50
Sprache
de-DE